Selbstorganisiertes Lernen auf dem Prüfstand

Um was geht es beim sogenannten «Selbstorganisierten Lernen» (SOL)? Wie beurteilen unsere Schülerinnen und Schüler dieses Lernkonzept? Und wie die Lehrinnen und Lehrer? Ziel des SOL ist es, Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Mittelschulen zu befähigen, fachliche Themen eigenverantwortlich zu erarbeiten, ihre Lernprozesse selbst zu steuern und gleichzeitig überfachliche Kompetenzen zu entwickeln.

Das SOL-Konzept ist seit 2012 fest im Lehrplan der Zürcher Gymnasien verankert. Am Büelrain wurde das Konzept mit insgesamt 11 verschiedenen Fach- Modulen umgesetzt. Die ersten Klassen starten bereits im ersten Semester im SOL-Modul Geographie. Danach folgen über vier Schuljahre verteilt neun weitere SOL-Einheiten. Den Abschluss bildet das SOL-Modul Physik im achten Semester. In den SOL-Projekten geht es jeweils darum, neben Fachinhalten auch verschiedene überfachliche Kompetenzen zu erwerben. Die Jugendlichen sollen den Lernstoff selber einteilen, Teilziele festlegen und auch verschiedene Lernstrategien einsetzen, um sich den Inhalt anzueignen.

Im vergangenen Jahr wurde das SOLKonzept der KBW, zehn Jahre nach seiner Einführung, durch eine externe Stelle umfassend evaluiert. Dafür wurden die Schüler/innen und Lehrkräfte zu verschiedenen Bereichen befragt. Die Ergebnisse lassen aufhorchen. Auffallend ist vor allem die unterschiedliche Wahrnehmung beider befragten Gruppen in Bezug auf die überfachlichen Kompetenzen wie Selbstorganisation, Lernmotivation und Gruppenarbeit.

Die Lehrkräfte bewerten diese Aspekte deutlich positiver als die Schülerinnen und Schüler. Dies gilt insbesondere für den Aspekt der Lernmotivation. Die Lehrpersonen sind der Meinung, dass selbstorganisiertes Lernen zu einer Steigerung der Motivation führt. Aus Sicht der Lernenden trifft dies mehrheitlich nicht zu. Zudem empfinden die Schülerinnen und Schüler SOL häufig als Zusatzbelastung und weniger abwechslungsreich als den traditionellen Unterricht.

Positiv lässt sich feststellen, dass die Schüler/innen den Mehrwert des selbstorganisierten Lernens erkennen, wenn ein SOL-Modul gut strukturiert ist, zum Beispiel durch eine klare Einführung in die Grundlagen des Themas, gefolgt von eigenständiger Bearbeitung. Ebenso hilft ihnen ein klar definierter Zeitrahmen und verständliche Vorgaben.

Aufgrund dieser Resultate der externen Evaluierung haben die Fachschaften die Formulierung der Struktur der SOL-Module vereinheitlicht, um deren Ziele den Schülern und Schülerinnen klarer zu kommunizieren.

SOL und andere Unterrichtsformen, die unseren Jugendlichen erlauben, über längere Zeiträume hinweg selbständig zu lernen, sind wichtig für Maturanden und Maturandinnen, um die allgemeine Studierfähigkeit zu erreichen. Denn selbständiges Lernen ist eine Schlüsselkompetenz, um ein Studium erfolgreich zu bestehen.

In dieser Ausgabe werden exemplarisch zwei SOL-Module vorgestellt. Frau Prof. Francesca Suter erklärt zudem im Interview, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit SOL gelingt, und wo die Grenzen des selbstständigen Lernens liegen.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Peter Lautenschlager, Prorektor