Ruhe kehrt ein – in den Schulzimmern, in den Gängen, in der Mediothek.
Text: Martina Albertini, Deutschlehrerin
Kaum ist die tägliche Durchsage der Schulleitung, welche die Viertelstunde Lesezeit ankündigt, erklungen, flüstern und tuscheln die Schüler:innen einen kurzen Moment, dann werden die Bücher beim Buchzeichen aufgeschlagen, die Zeitung aufgefaltet und die Köpfe senken sich über die Lektüre – eine angenehme und entspannte Stille verbreitet sich im Raum. Das Leseprojekt «Silence, on lit!» scheint ein voller Erfolg zu werden. Die meisten greifen zu einem Schmöker, einige zu Zeitungen, die während der sechs Wochen, in denen das Leseprojekt an der KBW durchgeführt wird, vor der Mediothek aufliegen und offensichtlich viele Leser:innen finden. Nur wenige Schüler:innen verwenden die 15 Minuten, um Schulstoff zu büffeln, Voki zu lernen oder zu häkeln.
Aufmerksamkeit weg von den Bildschirmen hin zur Lektüre auf Papier ist eines der Ziele unserer Schule.
Die Aufmerksamkeit weg von den Bild schirmen hin zur Lektüre auf Papier – denn es wird analog gelesen. Tablets und Laptops bleiben zugeklappt, das Handy wird auf die Seite gelegt. Die Bildschirmpause ist eines der Ziele, das unsere Schule verfolgt. Die Lesekompetenz und vor allem auch die Leselust zu fördern, ist ein anderes. Studien belegen, wie nötig das ist. Am Gymnasium und an der Mittelschule haben wir den Auftrag, die Schüler:innen an Kultur heranzuführen, sie vertiefendes Lesen zu lehren und zu üben. Sie sollen fähige Leser und Leserinnen werden, um Mündigkeit zu erreichen und am kulturellen und politischen Leben teilnehmen zu können. «Silence, on lit!» trägt dazu bei.
Die Erfahrungen der ersten drei Wochen des Projekts sind durchwegs positiv. Die Viertelstunde rhythmisiert den Schultag wohltuend, das ausserordentliche Tagesereignis wird zum Ritual. Einige, die in der ersten Woche noch kaum fünf Minuten stillsitzen und sich schon gar nicht länger auf einen Text konzentrieren konnten, erleben, dass Lesen gar nicht so sehr an strengt, wenn man sich auf den Lesestoff einlässt, in die Geschichte hineinkommt und es «fliesst».
Der Tatsache, dass viel Unterrichtszeit verloren geht, stehen die vielen schönen Beobachtungen gegenüber, die Lehrer:innenherzen höher schlagen lassen: Die Atmosphäre nach der Viertelstunde ist ruhig, in einigen Klassen beinahe kontemplativ, Schülerinnen tauschen die zu Ende gelesenen Bücher aus, Schüler reden über die Zeitungsartikel; die meisten Büelrainer:innen geniessen die willkommene Pause im vollgepackten Schulalltag, die Stimmung danach und sie sind frisch für die folgende Lektion.
Wir sind gespannt, was die Auswertung nach den sechs Wochen* ergeben wird.
*Die Auswertung zeigt ein sehr positives Ergebnis. Eine Projektwiederholung ist bereits geplant.